Leonore Lerch

Psychotherapie Supervision Coaching

Transkulturelle Psychotherapie

Die zunehmende Globalisierung und Internationalität erfordert auch in der Psychotherapie einen interkulturellen bzw. kulturüberschreitenden, „trans-kulturellen“ Ansatz. „Transkulturelle Psychotherapie“ ist keine eigenständige Psychotherapiemethode, sondern bezeichnet einen Psychotherapieansatz, der inter- und transkulturelle Aspekte in die bestehenden Psychotherapierichtungen integriert. Sie entwickelte sich in den 1960er Jahren in den USA im Kontext der sozialpolitischen Bewegungen, bedarfsgerechte Behandlungsmöglichkeiten für Schwarze Menschen zu schaffen und beschäftigt sich mit der Kulturbezogenheit menschlichen Denkens, Fühlens und Verhaltens. Krankheitskonzepte sowie Erklärungsmodelle im Hinblick auf Entstehung, Verlauf und Behandlung seelischer Erkrankungen sind kulturell geprägt. Die in Österreich anerkannten psychotherapeutischen Schulen sind zurückzuführen auf westlich-europäische bzw. US-amerikanische Traditionen und ein Menschenbild, das in christlichen Wurzeln begründet ist, was dazu führt, dass die herkömmlichen Methoden und Settings den Bedürfnissen von Menschen mit anderen kulturellen Hintergründen oftmals nicht gerecht werden.
Migrationsprozesse sind mitunter gekennzeichnet durch vielfältige Überforderungssituationen (rechtliche Unsicherheit, Sprachprobleme, Verlusterlebnisse, finanzielle Schwierigkeiten, ungewisse Zukunftsperspektiven etc.). Hinzu kommen Erfahrungen von rassistischer Gewalt in Form von Vorurteilen, Abwertung, Ausgrenzung, Diskriminierung auf persönlicher und struktureller Ebene. Wenn Migration von traumatischen Ereignissen begleitet wird, bei denen Flucht, Verfolgung, Folter, Misshandlung, sexualisierte Gewalt etc. eine Rolle spielen, gilt insbesondere, dass die Chronifizierung von seelischem und körperlichem Leiden begünstigt wird.
„Transkulturelle Psychotherapie“ bietet Raum, psychische Probleme und Erkrankungen bewusst im Zusammenhang mit kulturellen Unterschieden und den Folgen von Migrationserfahrungen zu betrachten und fördert die Selbstheilung sowie die Entwicklung von Empowerment-Strategien. Sie geht von einem kritischen Kulturverständnis aus, das den traditionellen Kulturgegriff von „Kulturen als abgegrenzten Einheiten“ in Frage stellt und auf die permanenten Bewegungen und Durchmischungen kultureller Strömungen hinweist. Kulturelle Eigenschaften werden nicht als fixe Zuschreibungen von Personengruppen betrachtet, sondern als veränderliche Merkmale, einer im Laufe des Lebens immer wieder neu zu definierenden Selbstpositionierung und Lebensgestaltung. Die Identifizierung und Reflexion von Kultur-Standards, Offenheit, Respekt und  Gleichwertigkeit bzgl. kultureller Vorstellungen, Traditionen und Strukturen, werden als wesentliche Faktoren transkultureller Kompetenz betrachtet, um einen Dialog jenseits kultureller Zuschreibungen und Klischees zu ermöglichen.