Leonore Lerch

Psychotherapie Supervision Coaching

Europäische Standards

Prof. Dr. Carol Hagemann-White und Prof. Dr. Brigitte Dorst haben im Rahmen des Netzwerks  European Women´s Health Network (EWHNET) 1999  ein EU-Projekt  zum Stand und der Entwicklung Frauengemäßer Psychotherapie durchgeführt, bei dem frauenspezifische Psychtherapeutinnen aus europäischen Ländern zu den Standards ihrer Arbeit interviewt wurden. Im Rahmen der Interviews aus Österreich bot sich einigen Kolleginnen – u.a. auch mir – die Möglichkeit, an der Untersuchung mitzuwirken. (Die Zusammenfassung der Standards wurde von mir erstellt.)

  • Eine grundsätzlich holistische Sichtweise der Psychotherapeutin d.h. das Individuum, die Gesellschaft und ihre Geschichte, die Sozialisation, die psychische und physische Gesundheit der Klientin stehen im Mittelpunkt
  • Umfassende Kenntnisse über geschlechterbezogene Sozialisation, Lebenswelten und gesellschafts- bedingte Macht- und Statusunterschiede zwischen Frauen und Männern sowie zwischen Frauen untereinander
  • Integration von Gendertheorien in die psychotherapeutische Praxis
  • Berücksichtigung nicht nur des Geschlechts, sondern auch der Schicht- und Kulturzugehörigkeit, Ethnizität, sexuellen Orientierung, Alter, besonderen körperlichen oder geistigen Bedürfnissen usw. als zentrale Faktoren, die Einfluss auf das Leben und somit auch auf die Gesundheit von Frauen nehmen
  • Kenntnisse über frauenspezifische bzw. frauenbezogene Themen in den verschiedenen Lebensphasen wie weibliche Sexualität und Anatomie, Körperimage, Mutterschaft, Arbeits- und Familienleben, Scheidung, Altern etc.
  • Frauengerechte Definitionen von Gesundheit und Krankheit
  • Frauengerechte Diagnostik
  • Verständnis der Symptomatik von Klientinnen im Zusammenhang mit geschlechterbezogenen Lebens- weisen und individuellen Verarbeitungsmustern
  • Verwendung einer frauengerechten Sprache, die Frauen sichtbar macht und nicht diskriminiert
  • Orientierung sowohl an den Ressourcen und Handlungskompetenzen der Klientin unter Berücksichtigung der Konflikte und Traumatisierungen
  • Förderung der Selbstbestimmung der Klientin (Self-Empowerment)
  • Parteilichkeit für Frauen anstelle einer „geschlechterneutralen“, meist jedoch inhärent männlichen Betrachtungsweise
  • Persönliche Betroffenheit der Psychotherapeutin; Reflexion über den eigenen Sozialisationsprozess, die eigene(n) Identität(en) als Frau sowie berufliche Identität
  • Transparenz bzgl. des Psychotherapieprozesses wie auch der Werthaltungen der Psychotherapeutin
  • Reflexion der Gleichgeschlechtlichkeit von Psychotherapeutin und Klientin und daran gebundene Verhaltens- muster und Projektionen sowie Dominanzmechanismen
  • Verantwortungsvoller Umgang mit Machtaspekten in der therapeutischen Beziehung
  • Kontinuierliche Fortbildung in Frauenspezifischer Psychotherapie und angrenzenden Fachdisziplinen (Frauen- bzw. Genderforschung, Soziologie etc.)

(Vgl.: Prof. Dr. Brigitte Dorst, Prof. Dr. Carol Hagemann-White: Zum Stand und zur Entwicklung Frauengemäßer Psychotherapie, Arbeitskreis Frauengesundheit in: Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V., European Women´s Health Network EWHNET, 1999)